Streetwork in Erkelenz

2001 begann Andreas Priesterath seinen Dienst bei der Stadt Erkelenz, eingestellt wurde er zunächst mithilfe einer für zwei Jahre befristeten Projektförderung. Eingesetzt war der Sozialarbeiter im Bauxhof, um mit spätausgesiedelten Jugendlichen zu arbeiten. „Sie hielten sich gerne auf öffentlichen Plätzen auf, das kannten die Menschen vor Ort nicht in diesem Ausmaß“, berichtete Priesterath während einer Feierstunde anlässlich seines Dienstjubiläums von seinen Anfängen in Erkelenz.

Priesterath, der vorher in der Obdachlosenhilfe in Köln gearbeitet hatte, musste zunächst Kontakte zu den jugendlichen Russlanddeutschen, aber auch Vertrauen für seine Arbeit aufbauen. „Streetwork war in Erkelenz ein völlig unbekanntes Konzept, und auch im Bauxhof war ich zunächst nur die ‚deutsche Kartoffel‘.“ Besonders sei – gerade im Gegensatz zu seiner Arbeit in Köln – der respektvolle Umgang untereinander und mit ihm gewesen, den er im Bauxhof hatte erleben dürfen. Nachdem er sich das Vertrauen erarbeitet hatte, sei seine Arbeit sehr wertgeschätzt worden. „Im Bauxhof haben alle von der Streetwork profitiert, wir haben mit verschiedenen Einrichtungen eng zusammengearbeitet, auch mit dem Kindergarten vor Ort“, so Priesterath.
Damals trafen sich Jugendgruppen an festen Orten, das gab der Arbeit des Streetworkers Orientierung und Struktur, gegenseitiges Vertrauen konnte dadurch schnell aufgebaut werden.

Heute seien sowohl die Gruppen als auch die Treffpunkte wechselhafter, vermehrt fänden Treffen online statt außer Haus statt. Insgesamt seien Jugendliche verschlossener gegenüber seinem offenen Angebot geworden, sie seien bereits geprägt durch Kontakte zur Schulsozialarbeit oder dem Allgemeinen Sozialen Dienst. „Manchmal sehe ich bestimmte Jugendliche mehrfach in der Woche, manchmal einige Monate nicht. Unter diesen Bedingungen ist es deutlich schwieriger, eine helfende Beziehung aufzubauen“, lässt Priesterath durchblicken.

Damals wie heute besteht die Arbeit des Streetworkers darin, Jugendliche an ihren Treffpunkten aufzusuchen, ansprechbar für Herausforderungen in verschiedenen Lebenslagen zu sein und bei Bedarf den Zugang zu anderen sozialen Einrichtungen zu erleichtern. „Ich bin kein Ordnungshüter, das ist ein häufiges Vorurteil in der Bevölkerung, aber auch unter den Jugendlichen“, so Priesterath, „meine Arbeit ist spontan, offen, ein freiwilliges Angebot. Ich bin nicht dazu da, um etwas durchzusetzen oder zu kontrollieren, sondern um einfach da zu sein, wenn ein offenes Ohr oder Beratung gebraucht wird. Bei mir gibt es immer noch eine weitere Chance, niemand muss sich bei mir schämen, wenn etwas verbockt wurde.“ Über das Angebot, bei der Bewerbung um Ausbildungsplätze zu helfen oder Vorstellungsgespräche zu üben, schafft der Sozialarbeiter früher wie heute eine wichtige Hilfestellung beim Übergang von der Schule ins Berufsleben. Regelmäßig schaffe Priesterath es, über das konkrete Hilfsangebot Kontakte zu intensivieren. „Wenn junge Menschen dann eine Ausbildungsstelle bekommen, macht mich das stolz. Es gibt Leute, denen ich vor Jahren beim Finden einer Ausbildungsstelle geholfen habe, und die heute noch im gleichen Unternehmen tätig sind!“, berichtete der Sozialarbeiter von seinen größten Erfolgen.

Durchhaltevermögen und Geduld seien bei der Arbeit als Streetworker besonders wichtig, findet auch Ralf Schwarzenberg, Leiter des Amtes für Kinder, Jugend, Familie und Soziales. „Sowieso läuft seine Arbeit ein wenig unter dem Radar und außerhalb der regulären Arbeitszeiten“, so der Amtsleiter. Priesterath beginnt seinen Dienst am Nachmittag und arbeitet in der Regel bis 22 Uhr, freitags bis 1 Uhr nachts. 
Dass der Sozialarbeiter seit über 20 Jahren in Erkelenz tätig ist, liegt unter anderem daran, dass seine Stelle, die zunächst mit einer Projektförderung finanziert worden war, in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bei der Stadt Erkelenz überführt wurde. Tätig ist er nicht mehr ausschließlich im Bauxhof und für spätausgesiedelte Jugendliche, sondern für alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Erkelenz.
Dankbare Worte richtete Priesterath an die Verwaltungsleitung: „In Erkelenz habe ich schon auch ein bisschen das goldene Los gezogen, weil ich sehr viele Freiheiten in der Arbeitsgestaltung habe und mir viel Vertrauen entgegengebracht wird, sonst wäre ich nicht so lange geblieben!“